Montag, 5. Dezember 2005

Fragen oder das berühmt berüchtigte Frage-Antwortspiel in der Schule

In der letzten Sitzung der Veranstaltung Informations- u. Kommunikationstechniken ging es um den Fragezyklus an vielen deutschen Schulen.
Jeder kennt diese berüchtigte Vorgehensweise vieler Lehrinstitute und uns wurde nahegelegt, die offene Frage sei am effektivsten.
Dies erläuterte uns Herr Sappert indem er sich auf Sokrates bezog.

Dieser war im Umgang mit seinen Schülern stets sehr beharrlich und zog es vor, den Schüler durch seine Art des Fragestellung auf das vorhandene Wissen des Schülers zurückgreifen. Vor allem geht es bei dieser Strategie um den Hemmungsabbau bei Schülern. Hemmungen werden häufig durch das Fragemonopol des Lehrers hervorgerufen.
Damit ist die folgende typische Unterrichtssituation gemeint:

Lehrer: „Wann war die Französische Revolution?“
Schüler: „Keine Ahnung.“
Lehrer: „Denk bitte noch mal nach, das solltest Du nach der letzten Stunde wissen!“
Schüler: (mittlerweile ziemlich verstört, peinlich berührt und ängstlich) „1679?“
Lehrer: (mit spitzem Unterton)„ Nein, diese Antwort ist falsch. Die Französische Revolution war im Jahre 1789!!“

Der Lehrer setzt in dieser Situation voraus, dass er Schüler die Antwort kennt. Es gibt nur ein richtige Antwort, die Nennung des Geschichtsjahres. Der Schüler weiß die Antwort nicht und gibt dies ehrlich zu. Der Lehrer könnte es nun darauf beruhen lassen und einen anderen Schüler fragen. Doch stattdessen setzt er den Schüler unter Druck. Dieser weiß nun gar nicht mehr, was es darauf noch antworten soll und rät. Der Lehrer nennt die richtige Antwort.

Dies ist nur ein Beispiel unter vielen. Der Lehrer stellt eine Frage und hat deren Antwort bereits vorgefertigt im Kopf. Diese Form des Fragenstellens ist komplett einseitig.
Fakt ist, dass der Lehrer hat als Leiter des Unterrichtsgeschehens die Verantwortung für den Ablauf der Stunde trägt. Der Lehrer kann den Schüler durch offene Fragestellungen dazu motivieren, seine eigenen Gedanken zu formulieren.

Lehrer: „ Tim, du weißt ja nun schon einiges über die Hintergründe der Französischen Revolution. Was denkst du über diese Revolution?“
Tim: „ Hm, die Revolution war längst überfällig. Die Menschen litten unter dem politischen System der damaligen Zeit. Wenn ich mir vorstelle, dass ich damals als Bauer in Frankreich gelebt hätte, ich wäre auch auf die Straße gegangen. Die Ära der konstitutionellen Monarchie war total Menschenverachtend. Mich würde interessieren, wieso die Menschen nichts aus der Französischen Revolution gelernt haben. Heut zu Tage gibt es auf der Welt doch immer noch so viele ungerechte politische Verhältnisse. (...)

Der Lehrer zeigt Interesse, an dem, was der Schüler von dem Unterrichtsthema hält. Er regt den Schüler dazu an, seine persönliche Meinung in das Unterrichtsgeschehen mit einfließen zu lassen. Es gibt bei dieser Form der Fragestellung kein „richtig oder falsch“. Die individuelle Meinung des Schülers regt die Mitschüler und den Lehrer an. Es entsteht im Mindestfalle ein Dialog. Im Idealfall kann der Lehrer nun auch andere Schüler zu einer Meinungsäußerung anregen.
Offen Fragen heißt offenen Unterricht gestalten und die Schüler zu kreativem Denken anregen.

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